Transfermodell nach Fritz

Um herauszufinden, ob und wie Computerspiele den Spieler beeinflussen, reicht eine einfache Betrachtung des Spiels oder des Rezipienten nicht aus. Mit Blick auf das Thema dieser Arbeit müssen weitere Aspekte betrachtet werden: Wie spielt der Spieler? Wie beeinflusst ihn das Spiel? Welches Wissen oder welche Verhaltensweisen kann sich der Spieler aneignen und beschränkt sich die Anwendung dieses Wissens oder dieser Verhaltensweise nur auf das Spiel oder überträgt sie sich auf andere Lebensbereiche? Hat das Spiel sein Verhalten in irgendeiner Form beeinflusst und wie ist diese Beeinflussung einzuordnen? Zur Beantwortung dieser Fragen muss ein Modell gefunden werden, das sich nicht nur auf das Medium oder den Rezipienten konzentriert. Weiterhin muss das Modell das, was beobachtet oder durch den Spieler berichtet wird, in irgendeiner Form klassifizierbar machen. In dieser Arbeit wird dem Ansatz von Frau Dr. Tanja Witting gefolgt[1]. Daher soll als Grundlage das Transfermodell nach Jürgen Fritz dienen, das sowohl das Medium, den Rezipienten, die Lebenswelt als auch unterschiedliche „Transferebenen“ und „Transferformen“[2] betrachtet. Die Annahme über Wahrnehmung und Wirklichkeit, die bei diesem Modell vorliegt, ist: Wahrnehmung „[…] ist ein vielschichtiger und ineinander verwobener Prozeß der Auswahl und Deutung von Sinneseindrücken im menschlichen Gehirn.“[3]. Das Gehirn deutet auf Grund von „[…] eigenentwickelten Kriterien neuronale Signale, von deren  ‚wahrer’ Herkunft und Bedeutung es im absoluten Sinne nichts weiß […]“[4] und konstruiert so die persönliche Realität. Diese entspricht nicht der Wirklichkeit, weil die Sinnesorgane lediglich äußere Reize und Erregungszustände in Nervenimpulse umwandeln und sie dem Gehirn mitteilen. Das Gehirn interpretiert und selektiert diese auf Grund von Erfahrungen. Der Mensch konstruiert seine Realität und ordnet Reizeindrücke seiner Lebenswelt zu. Er ist also nicht in der Lage, Wirklichkeit wahrzunehmen, kann sich aber, indem er sich dies bewusst macht und durch verschiedene Wahrnehmungen, der Wirklichkeit nähern[5].

Netzwerk der Lebenswelt

Unter Lebenswelt „[…] wird in der sozialen Arbeit heute überwiegend die alltägliche Wirklichkeitserfahrung eines verlässlichen, soziale Sicherheit und Erwartbarkeit bietenden primären Handlungszusammenhangs […] bezeichnet.“. Weiter heißt es, dass „[…]in einer stillschweigenden, gemeinsamen Unterstellung bzw. Auslegung der Geltung sozialer Regeln, Strukturen und Abläufe die Grundlage sozialen Handelns gelegt [wird].“[6]. Fritz geht mit seiner Definition von Lebenswelt in eine ähnliche Richtung, indem er die Lebenswelt als einen „[…] für den Menschen faßlich und d.h. geordnete[n] Wirklichkeitsbereich, an dem er in unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teilnimmt […]“ beschreibt und sagt, dass „[d]ie Lebenswelt […] den Rahmen für die ‚sinnvolle’ Ordnung von Wahrnehmungen und Handlungen [bildet].“[7]. Er bezieht sich mit seiner Auffassung des Lebensweltbegriffs auf die Überlegungen des Philosophen und Soziologen Alfred Schütz[8]. Die Fritz’sche Lebenswelt besteht aus einem Netzwerk von Welten, die nicht getrennt von einander existieren, sondern aufeinander bezogen sind. Fritz gibt folgende Welten an, die das Ergebnis sozialer Vereinbarungen sind: Die reale Welt, die Traumwelt, die mentale Welt, die Spielwelt, die mediale Welt und die virtuelle Welt[9]. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Betrachtung von bewusst gestalteten Abläufen in der realen, der mentalen und der virtuellen Welt. Weiterhin wird durch das gewählte Thema der Fokus auf diese Welten gelegt, so dass die anderen Welten nicht weiter berücksichtigt werden können.

Die reale Welt

Im Netzwerk der Lebenswelt bildet die Welt, die das menschliche Gehirn als wirklich ansieht, die reale Welt. Natürlich gilt auch hier der Grundgedanke, dass dies nicht die Wirklichkeit darstellt, sondern ein durch das Gehirn geschaffenes Konstrukt, d.h. die Reizeindrücke werden der realen Welt zugeordnet. Hier können drei Kriterienklassen, angelehnt an die Psychologen Peter Kruse und Michael Stadler, unterschieden werden. Anhand dieser ordnet das Gehirn Wahrnehmung der realen Welt zu:

1.     Syntaktische Wirklichkeitskriterien: Die Wahrnehmung über die Sinne

2.     Semantische Wirklichkeitskriterien: Bedeutung von Objekten

3.     Pragmatische Wirklichkeitskriterien: Objekte können wirken[10]

Das Ergebnis durch Beurteilung der Reizeindrücke nach diesen Kriterien ist das Bewusstsein des Menschen, sich in der realen Welt zu befinden. Dabei kann die reale Welt durch Menschen unterschiedlich erlebt werden, aber sie ist im Grunde für alle wirklich vorhanden. Je deutlicher dabei die Umwelt wahrgenommen wird, desto einheitlicher sind die Vorstellungen der Menschen über diesen Teil der realen Welt. Dies ändert sich allerdings, wenn Sachverhalte unanschaulicher werden, wie z.B. bei Wertungen oder Einschätzungen. Die Einschätzungen über Sachverhalte in der realen Welt können von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein und werden durch eigene Werte und Vorstellungen geprägt[11].

Mentale Welt

Die mentale Welt ist durch das bewusste Denken, das sich in Vorstellungen, Gedanken, Phantasien oder auch Tagträumen äußern kann, gekennzeichnet. Der Mensch muss in seiner Entwicklung lernen, zwischen der realen und der mentalen Welt zu unterscheiden. Allerdings kann diese Unterscheidung kulturell, entwicklungsbedingt oder auch durch psychische Beeinträchtigungen unterschiedlich ausgeartet sein. Besondere Kennzeichen der mentalen Welt sind das aktive (bewusste) Betreten und die vollständige Kontrolle und Grenzenlosigkeit, die in der realen Welt nicht bestehen. Außerdem beziehen sich die von Wünschen geprägten Vorstellungen auf die reale Welt, auf Mögliches und Zukünftiges. Der Unterschied zur Traumwelt liegt dabei in der erwähnten Dirigierbarkeit, der Eindeutigkeit der Vorstellungen und dem bewussten Erinnern[12].

Virtuelle Welt

Die virtuelle Welt wird durch den Menschen mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln geschaffen und auch durch diese betreten. Diese Hilfsmittel können von unterschiedlicher Ausstattung und Handhabung sein. Der entscheidende Unterschied zur medialen Welt, die ebenfalls durch technische Hilfsmittel (Fernseher, Radio, Druck, etc.) geschaffen wird, ist die aktive Teilhabe. So bestehen die technischen Hilfsmittel zum Einstieg in die virtuelle Welt nicht nur aus Software und Ausgabegeräten sondern auch aus Eingabegeräten, die zur Steuerung der virtuellen Welt dienen. Im weiteren Verlauf wird in diesem Zusammenhang von Computer gesprochen[13]. Unter Computer werden hier nicht nur Notebooks oder PCs verstanden, sondern auch Konsolen, Tablet-Systeme, Smartphones und Handys, da selbst die Ausstattung einfachster Modelle bereits die Nutzung unterschiedlicher Software oder des Internets ermöglicht.

Die virtuellen Welten sind wie die medialen Welten vom Nutzer frei wählbar. Zusätzlich kann er diese aber auch gestalten und beeinflussen: Es bestehen neue Möglichkeiten, ähnlich wie in der Spielwelt oder der mentalen Welt, Wünsche und Vorstellungen in diese Welt einzubringen und umzusetzen. Hierbei sind allerdings durch die eingesetzte Soft- oder Hardware Grenzen gesetzt[14].

Eine weitere Besonderheit ist die mittlerweile starke Vernetzung innerhalb der virtuellen Welt: Viele Computer besitzen einen Zugang zum Internet und ermöglichen das Betreten und Nutzen der virtuellen Welt mit anderen Usern, ohne dass diese am gleichen Ort sein müssen[15]. Dabei können die Kontakte völlig fremd sein und die einzige Gemeinsamkeit besteht darin, zur gleichen Zeit die gleiche virtuelle Welt betreten zu haben. Die virtuelle Welt ist dabei immer stärker mit den anderen Welten verwoben, da in ihr schon länger nicht nur Spiele gespielt oder Informationen ausgetauscht, sondern auch Geschäfte abgewickelt, Konferenzen abgehalten oder sogar Kriege geführt werden[16]. Die Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf die virtuelle Welt. Wichtig ist auch bei dieser Welt, dass der Mensch die verschiedenen Reizeindrücke der jeweiligen Welt zuordnen und die verschiedenen Auswirkungen auf andere Welten abschätzen kann[17].

Rahmung

Die soeben beschriebenen Welten und die unterschiedlichen Reizeindrücke setzen bei einem Menschen die Fähigkeit voraus, sie den verschiedenen Welten zuordnen zu können. Dies ist notwendig, da eine ungefilterte Übernahme von Reizeindrücken, Verhaltensweisen und Bedeutungen aus einer Welt in die andere große Schwierigkeiten nach sich ziehen kann. Diese Zuordnungsfähigkeit wird Rahmungskompetenz genannt[18]. Der Mensch erlernt im Laufe seines Lebens durch Erfahrung Schemata, die es ihm ermöglichen zwischen den verschiedenen Welten zu unterscheiden und Geschehnisse in den Welten zu verstehen. „Schemata sind Ordnungssysteme zur Orientierung und Handlungsoptimierung in unterschiedlichen Lebenskontexten.“[19]

Schemata können auch Verhaltensweisen mit Blick auf kausale Zusammenhänge sein, die unser Handeln prägen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Der Computerspieler kann z.B. die möglichst schnelle Bedienung des Gamepads erlernen oder eine bestimmte Handlungsabfolge um möglichst schnell viele Ressourcen gewinnen zu können[20].

Die Rahmungskompetenz wird mit Blick auf die bereits erwähnte immer stärkere Verknüpfung zwischen der virtuellen Welt und den anderen Welten wichtiger. In der virtuellen Welt können unterschiedliche Elemente aus anderen Welten wiedergefunden werden, wodurch die Zuordnung schwieriger wird. Außerdem ist durch die Zunahme der gemeinsamen Nutzung der virtuellen Welt die Beurteilung und Reflektion der eigenen Schemata wichtig, da das Handeln nun nicht nur Auswirkungen auf die virtuelle Welt alleine haben kann. In diesem Kontext kommt der Rahmungskompetenz eine wichtige Rolle zu[21].

Transferprozesse

Nachdem im vorherigen Abschnitt das Netzwerk der Lebenswelt nach Fritz beschrieben worden ist, wird nun betrachtet, wie und in welcher Form ein Mensch überhaupt etwas von der einen in die andere Welt mitnehmen kann. Fritz spricht in diesem Rahmen von „Transfer und Transformation“[22]. Transfer ist eine Übertragung oder ein Transport zwischen zwei Punkten. Diese Punkte können dabei die bereits erwähnten unterschiedlichen Welten sein, aber sie können auch innerhalb einer Welt liegen. Fritz benennt diese beiden Möglichkeiten intra- und intermondiale Transfers[23]. Doch bevor es zu einem Transfer kommen kann, muss ein Mensch erhaltene Eindrücke einer Welt auch zuordnen können. Erst durch diese Zuordnung erhalten die Eindrücke eine Bedeutung, da diese in den verschiedenen Welten unterschiedlich sein kann. Allerdings muss ein Mensch vorher die bereits erwähnten Schemata entwickelt haben, damit er die erhaltenen Reizeindrücke deuten kann. Dabei sind diese Schemata nicht rigide, sondern können sich verfeinern und verändern[24].

Diese Schemata bilden sich in einem Prozess der Transformation aus. In diesem Prozess werden Reizeindrücke auf Muster und Strukturen hin untersucht und es wird versucht, diese zu ordnen und bereits bestehenden Gedankenstrukturen einzugliedern. Diese Abstraktionsleistung soll dazu dienen, Reizeindrücke auf wesentliche Aspekte zu reduzieren und wiederkehrende Muster zu erkennen. Erst wenn diese Abstraktion stattgefunden hat, kann ein Transfer stattfinden[25].

Grundlage für alle Transferprozesse ist jedoch, dass, in diesem Fall auf Seiten des Computerspielers, ein gewisser Grad an Aufmerksamkeit vorhanden ist. Diese Aufmerksamkeit kann durch das sogenannte Flow-Erlebnis erreicht werden[26]. Der Spieler muss sich auf das Spiel einlassen, da sonst kein bleibender Eindruck entstehen kann[27].

Transferebenen

Fritz unterteilt die beim Transferprozess zu tragen kommenden Schemata in verschiedene Ebenen. Damit sollen die unterschiedlichen Ausprägungen von Schemata berücksichtigt werden. Die Ebenen sind:

Die Fact-Ebene: Auf dieser Ebene werden Tatsachen mit Bedeutung für die reale Welt betrachtet. Es geht hier also um Faktenwissen, dass durch die unterschiedlichen Welten (Medien) vermittelt wird. Je nachvollziehbarer, weil zum Beispiel überprüfbar oder mit den eigenen Erfahrungen übereinstimmend, eine Information ist, desto glaubwürdiger scheint diese und desto eher wird sie übernommen.

Die Skript-Ebene: Ein Skript ist eine Form von Ablaufplan. Dies bezieht sich auf wiederkehrende Abläufe, die anhand von bestimmten Merkmalen erkannt und dementsprechend bewältigt werden können. Dabei können Skripte Situationen entsprechend angepasst und verändert werden. Skripte vereinfachen das alltägliche Leben, da viele Abläufe durch angeeignete Skripte wie von selbst durchgeführt werden können. Skripte können auch zwischen den verschiedenen Welten transferiert werden. Zu beachten ist dabei, dass die Skripte nicht eins zu eins übertragen werden, sondern dass sie abgewandelt und angepasst werden. Fritz merkt hier an, dass zwei Seiten beachtet werden müssen: Das Angebot an Skripten durch die mediale und virtuelle Welt und das „Skriptinteresse“[28]. Das Angebot ist nicht zwangsläufig konkret auf die Anforderungen der Umwelt bezogen, sondern dem jeweiligen Medium angepasst. Gleichzeitig wird auf der Seite des Nutzers das Angebot individuell betrachtet und dementsprechend als Impuls zur eigenen Skriptentwicklung/-anpassung angesehen[29].

Die Print-Ebene: Auf der Print-Ebene werden einfache und eher funktional orientierte Abläufe betrachtet. Diese Abläufe können allerdings Teil eines Skripts sein: Der Print ‚Elektrogerät einstecken’ kann zum Skript ‚Installation eines Computers’ gehören. Prints können aufgrund vielfacher Ausführung fast unbewusst ablaufen.

Die Metaphorische Ebene: Hier geht es um die Übertragung aus einem Bedeutungszusammenhang auf einen anderen. Mit Bezug auf Computerspiele wird bei Spielern oft eine Verbindung zwischen der realen Lebenssituation und dem gespielten Computerspiel (virtueller Welt) auf metaphorischer Ebene erkennbar. Es finden sich in der realen Welt des Spielers Elemente wieder, die abgewandelt (transformiert) im Spiel widergespiegelt werden. So kann sich der leitende Angestellte in Civilization IV auch als ‚Leiter’ einer ganzen Zivilisation wiederfinden.

Die dynamische Ebene: Als letzte Ebene wird die dynamische Ebene betrachtet. Diese unterscheidet sich von den anderen Ebenen recht deutlich, da hier Impulse und Grundmuster ausgemacht werden, die dem Handeln zugrunde liegen. Diese sind stets vorhanden und in der realen Welt besonders vielfältig ausgeprägt. Sie lassen dabei die Grundbedürfnisse menschlichen Seins erkennen. In der virtuellen Welt hingegen sind diese Motive beschränkt auf Wenige, meist Macht, Kontrolle und Herrschaft[30].

In der Aufführung der Ebenen ist eine Rangfolge zu erkennen: Während Transfers auf der Fact-Ebene bewusst wahrgenommen werden, laufen Transfers auf der dynamischen Ebene unbewusster ab. Diese sind daher schwieriger zu reflektieren oder von außen zu erkennen. Es besteht hier also stets die Gefahr, dass Transfers zugesprochen werden, die gar nicht stattgefunden haben oder das Transfers nicht erkannt werden.

Transferformen

Neben den erwähnten Ebenen unterscheidet Fritz zwischen zehn verschiedenen Transferformen[31]:

1.     Problemlösender Transfer: Lösungen für Probleme werden nicht nur im Rahmen des Spiels in der virtuellen sondern auch in anderen Welten gesucht.

2.     Emotionaler Transfer: Gefühle bleiben auch nach einem Spiel bestehen.

3.     Instrumentell-handlungsorientierter Transfer: Handlungsmuster werden auch außerhalb des Spiels angewandt.

4.     Ethisch-moralischer Transfer: Normen und Werte werden in die andere Welt übernommen/in der anderen Welt verändert.

5.     Assoziativer Transfer: Reizeindrücke aus der realen Welt werden z.B. mit Bildern oder Situationen aus der virtuellen Welt in Verbindung gebracht.

6.     Realitätsstrukturierender Transfer: Elemente aus dem Spiel werden zur Beurteilung von Situationen o.ä. in der realen Welt herangezogen
(z.B. durch Simulationen).

7.     Informationeller Transfer: Wissen, dass in der realen Welt Bedeutung hat, wird durch das Spiel vermittelt.

8.     Kognitiver Transfer: Spielelemente bleiben in Erinnerung.

9.     Zeitlicher Transfer: Zeit wird in der virtuellen Welt anders empfunden als in der realen Welt. Diese Empfindung könnte von der virtuellen in die reale Welt übertragen werden.

10.  Phantasiebezogener Transfer: Das Spielgeschehen wird in der mentalen Welt weiter ausgestaltet.

Auch für die verschiedenen Transferformen gilt, dass diese unterschiedlich bewusst wahrgenommen werden. Für diese Arbeit sind dabei die bewusst wahrgenommenen und beschriebenen Transfers von besonderem Interesse.

Strukturelle Koppelung

Abschließend ist als weiterer Baustein in Fritz’ Modell die strukturelle Koppelung zu erwähnen. Diese beschreibt Modell das Zusammenspiel zwischen Spieler und Spiel: Ein Spieler wählt ein Spiel bzw. einen Spieltyp aus, der zu ihm passt. Dies kann „[…] sowohl in Hinblick auf Vorlieben, Interessen und Abneigungen (die sich an Spielinhalten orientieren) als auch in Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale, konkrete Lebenssituationen und Strukturmerkmale ihres Lebenskontextes“[32] geschehen. Kennzeichnend für die strukturelle Koppelung ist der Prozess der Angleichung (Assimilation) und Anpassung (Akkomodation). Der Spieler versucht seine bereits aus anderen Welten erlernten Schemata anzuwenden. Dieser Prozess wird Assimilation genannt und ist notwendig, damit sich der Spieler in der virtuellen Welt zurecht finden kann. Er versucht Ähnlichkeiten zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren. Bei der Akkomodation werden die bereits vorhandenen Schemata verändert oder neu geschaffen. Hierdurch soll den Unterschieden der Welten Rechnung getragen werden. Dies geschieht meist dann, wenn das Anwenden von vorhandenen Schemata nicht erfolgreich war bzw. noch kein Schema vorhanden war[33]. Assimilation und Akkomodation bedingen sich. Durch die Assimilation versucht wird, auf Gemeinsamkeiten zu reagieren. Durch die Akkomodation werden die notwendigen Anpassungen aufgrund der Eigenschaften einer anderen Welt vollzogen.

Der strukturellen Koppelung kommt mit Blick auf (intermondiale) Transfers eine tragende Rolle zu: Durch den soeben beschriebenen Prozess der Assimilation und Akkomodation werden Schemata zwischen virtueller und realer Welt (und umgekehrt) transferiert. Dabei ist zu beachten, dass dies nicht automatisch passiert, sondern durch die Transferbereitschaft und -akzeptanz bedingt wird. Weiterhin spielt die bereits erwähnte Rahmungskompetenz des einzelnen eine Rolle, da diese dem Menschen dazu befähigt, die verschiedenen Welten auseinander zu halten und die jeweiligen Schemata dementsprechend zu ordnen[34].

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[1] vgl. Witting 2007, S. 13-24
[2] vgl. Fritz 1997a, S. 231 und S. 237
[3] Fritz 1997b, S. 13
[4] idem, S. 13
[5] vgl. idem, S. 14
[6] Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 609
[7] Fritz 1997b, S. 15
[8] vgl. idem, S. 15; vgl. Witting 2007, S. 32f
[9] vgl. Fritz 1997b, S. 15; vgl. Fritz 2004, S. 131
[10] vgl. Fritz 1997b, S. 16; vgl. Fritz 2004, S. 142f
[11] vgl. Fritz 2004, S. 145
[12] vgl. Fritz 1997b, S. 18f; vgl. Fritz 2004, S. 167f
[13] In Anlehnung an John von Neumann („Von-Neumann-Architektur“) wird der Begriff „Computer“ hier verwendet. Dieses Modell ist nach wie vor die Grundlage der technischen Geräte, die den Zugang zur virtuellen Welt bieten (vgl. Oberschelp/Vossen 2006, S. 227ff).
[14] vgl. Fritz 2004, S. 215f
[15] vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2009; vgl. CIA World Factbook 2008
[16] http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,671636,00.html; vgl. The Economist 2010
[17] vgl. Fritz 1997b, S. 26f; vgl. Fritz 2004, S. 203ff
[18] vgl. Fritz 1997b, S. 30
[19] Fritz 1997b, S. 29
[20] vgl. idem, S. 29
[21] vgl. idem, S. 29f
[22] vgl. Fritz 1997a, S. 229
[23] vgl. idem, S. 230
[24] vgl. Fritz 1997a, S. 230
[25] vgl. idem, S. 231
[26] vgl. Csikszentmihalyi 2008, S. 72-77
[27] vgl. Fritz 1997a, S. 231
[28] vgl. Fritz 1997a, S. 234
[29] vgl. idem, S. 232ff
[30] vgl. idem,  S.234ff
[31] vgl. Fritz 1997a, S. 237f
[32] Fritz 1997a, S. 243
[33] vgl. Fritz 1997a, S. 243f
[34] vgl. idem, S. 244f


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