Vorab wurden die quantitativen und qualitativen Daten vorgestellt. Nun sollen diese mit Blick auf das Thema der Arbeit und der Zielsetzung der Untersuchung bewertet werden. Hierzu werden Besonderheiten aufgezeigt und Vergleiche mit anderen Studien aus dem Bereich der Computerspiele gezogen.
Zusammensetzung der Befragten
Der größte Teil der Befragten ist bis 30 Jahre alt (69 %, n=248). Im Vergleich zu Geislers Studie über Clans und Gilden ist diese Gruppe kleiner (91,73 %; n=364)[1]. Mit Bezug auf eine Studie der Interactive Software Federation of Europe (ISFE) spielen 28 % der über 30 Jährigen (ca. 15,8 Mio.; 19 % der Gesamtbevölkerung) und 48 % der Gruppe der 16-29 Jährigen (ca. 7 Mio.; 8,4 % der Gesamtbevölkerung; die Gruppe der unter 16-jährigen wurde nicht erfasst) regelmäßig Computer- und/oder Videospiele[2]. Die durchgeführte Untersuchung zeigt eine vergleichbare Verteilung auf, wenn davon ausgegangen wird, dass sich die Gruppe der Computerspieler, die so nur schwierig zu erfassen ist, ähnlich aufteilt. Die Geschlechterverteilung ist im Vergleich zu Geislers Studie ähnlich, d.h. es gibt nur einen geringen Anteil an weiblichen Probanden. Mit Blick auf die JIM-Studie 2009 überrascht dies in diesem Fall, da dort 23 % der befragten Mädchen angeben, mehrmals pro Woche Computerspiele zu spielen und zudem Strategiespiele mit 44 % zu ihrem Lieblingsgenre wählen (Civilization IV wird diesem Genre zugeordnet). Nicht überraschend ist, dass Strategiespiele auch bei dieser Umfrage zum Lieblingsgenre gewählt worden sind: Dies deckt sich einerseits mit der soeben erwähnten JIM-Studie, mit der Einschränkung, dass dort nur bis 19-jährige befragt worden sind. Allerdings kam die JIM-Studie 2000[3] bereits auf ein ähnliches Ergebnis. Die damals Befragten fallen jetzt in die Gruppe der 21-29-jährigen. Dies gilt unter dem Vorbehalt, dass sich die Interessenslage dieser Personen nicht verändert hat.
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Zusammenfassung
Wie bereits bei der Auswertung der Daten festgestellt werden konnte, benennen die meisten befragten Spieler das Kriterium „Viele Elemente“. Dass diese sich in einem sich wechselseitig beeinflussenden Beziehungsgeflecht befinden, wird von mehr als jedem Dritten erkannt. Jedoch erkennt nur jeder Fünfte Befragte dieses Geflecht auch im Spiel. Dies lässt zwei Hypothesen über die Spieler, die zwar im Allgemeinen aber nicht im Spiel das Beziehungsgeflecht als Kriterium definieren, zu:
- Die Spieler erkennen das Beziehungsgeflecht im Spiel, sehen es aber nicht als komplex an.
- Die Spieler können theoretisch das Kriterium definieren, es aber nicht auf ein konkretes System beziehen.
Letztere Hypothese wird durch Dörners Erkenntnis gestützt, dass ein theoretisches Wissen über komplexe Systeme noch kein Handlungswissen darstellt[4]. Die Frage, welche der beiden Hypothesen hier zutreffender ist, kann nicht geklärt werden.
Auffällig ist, dass einige Spieler im Bereich der Modellbildung Analogien herstellen, aber im Vergleich zu den benannten Lernfeldern des Spiels Analogien zu historischen Ereignissen fast nicht gebildet werden. Weiterhin fällt auf, dass die Spieler, die angeben, dass es beim Umgang mit komplexen Systemen keine Generallösung gibt, auch ein differenzierteres Spielverhalten andeuten, was die Wahl ihrer Ziele und Strategien betrifft. Aber hier beschreibt nur jeder fünfte Spieler dieses planerische Verhalten und verbindet es mit der zeitlichen Komponente, der Dynamik. Beim Informationsverhalten, einem Teilaspekt der Planung und der Analyse von Dynamik, geben hingegen viele Spieler an, sich regelmäßig zu informieren. Dabei kann erkannt werden, dass dieses Verhalten auch situationsbedingt verändert wird.
Die Dynamik wird ebenfalls häufiger bei der allgemeinen Beschreibung komplexer Systeme benannt als bei der Beurteilung des Spiels. Dies stützt die bei der Analyse der Möglichkeiten des Spiels aufgestellte Vermutung, dass das Spiel in diesem Bereich weniger Potenzial hat. Der Unterschied ist jedoch nicht so signifikant wie beim vorherigen Kriterium, so dass dies lediglich eine Tendenz, aber noch keinen Beleg darstellt.
Die Zielsetzung ist dahingehend interessant, dass Spieler sich erst im Verlauf des Spiels für ein Ziel entscheiden. Jedoch kann bei der Zielwahl kaum ein Unterschied zwischen dieser Gruppe oder denen festgemacht werden, die sich früh für ein Ziel entscheiden. Hier kann das von Dörner beschriebene ziellose Handeln erkannt werden. Auf der anderen Seite werden bestimmte Ziele durch die Spieler bevorzugt, so dass eine gewisse Zielsetzung auch bei den sich später Entschließenden besteht. Allerdings handelt es sich bei Civ IV immer noch um ein Spiel und die Motivation der Spieler ist unterschiedlich, so dass eine Zielsetzung evtl. gar nicht gewünscht ist. Außerdem fordert das Spiel auch keine frühe Zielsetzung, da die Spielziele auch ohne konkrete Verfolgung erreicht werden können. Der Aspekt der Gruppe wird von den Spielern nicht angesprochen und bietet daher, wie bei den Möglichkeiten erwartet, kaum Potenzial.
Mit Blick auf die Transfers kann erkannt werden, dass weniger Spieler angeben, die zur Beurteilung komplexer Systeme notwendigen Kriterien aus dem Spiel heraus gelernt zu haben. Inwiefern hier das Spiel Möglichkeiten bietet, kann daher nicht eindeutig gesagt werden. Mit dem planerischen Handeln verhält es sich ähnlich: Hier benennen Spieler auch Transfers, die aber ebenfalls nicht konkret genug beschrieben werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Quantität der Spieler, die angeben, in unterschiedlichen Bereichen etwas gelernt zu haben. Bei der Konkretisierung dieser Einschätzung wird erkennbar, dass diese einer genaueren Erläuterung bedarf. Diese ist hier leider nicht erfasst worden, so dass Tendenzen festgestellt werden können.
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass die verschiedenen Handlungsfelder Dörners je nach System unterschiedlich stark ausgeprägt sein müssen. Es gibt keine Formel, anhand derer gesagt werden kann, wie die Verteilung der Kompetenzen aussehen muss, damit gut gehandelt werden kann. Jedes komplexe System fordert unterschiedliche Talente, so dass eine homogene Verteilung der Kompetenzen nicht unbedingt das ideale Ziel sein sollte.
[1] vgl. Geisler 2009, S. 116
[2] vgl. ISFE 2010, S. 16
[3] vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM-Studie 2000, S. 27
[4] vgl. Dörner 2009, S. 51